Das Für und Wider einer Entscheidung gegen den Kauf einer Traglufthalle.

05.10.23 –

In der letzten Sitzung des Kreistages, am 13. September, hat unsere Fraktion der Vorlage des Landrates, die Mittel für den Kauf einer Traglufthalle bereitzustellen, nicht zugestimmt. Die daraufhin einsetzende Diskussion fokussierte sich stark auf uns, als bündnisgrüne Fraktion, und war geprägt von Vorwürfen, wie: wir hätten mit der AfD gemeinsame Sache gemacht, wir wären keine Patrioten (sic!), oder auch, wir wollten sowieso keine Flüchtlinge in Oberhavel. Egal wie unsinnig, jedes Argument war und ist recht, uns als Verhinderer dieses „sinnvollen und alternativlosen“ Vorhabens darzustellen.

Doch worum ging es eigentlich und was waren und sind unsere Beweggründe dem Kauf der Traglufthalle nicht zuzustimmen?
Beginnen wir mit dem Titel der Vorlage: „Genehmigung einer erheblichen, außerplanmäßigen Auszahlung für den Erwerb einer Traglufthalle zur Schaffung einer Gemeinschaftsunterkunft“. Entgegen der Annahme, es handele sich bei der Traglufthalle um eine temporäre Nutzung, soll damit also eine reguläre Gemeinschaftsunterkunft errichtet werden. Nach unserem Verständnis eine Unterbringungsform, die praktisch dauerhaft besteht, wahrscheinlich allein durch die Lebensdauer einer solchen Halle begrenzt. Dabei war die Kreisverwaltung zunächst sogar davon ausgegangen, dass es entsprechende Zuschüsse vom Land gibt. Sie musste jedoch einräumen, dass eine solche Halle vom Land nicht als Gemeinschaftsunterkunft anerkannt und bezuschusst wird, so dass die Gesamtkosten beim Landkreis verbleiben. Was die fehlende Anerkennung für den Betrieb heißt, ist bis heute nicht klar.

Die Begründung für den Kauf der Halle liegt in den fehlenden Unterbringungskapazitäten bei erhöhten Zuweisungszahlen von Migrant*innen durch das Land. Dabei hat das Land die Vorgehensweise bei der Zuweisung geändert. Es sind in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt sowohl die Verweildauer als auch die Kapazitäten erhöht worden. Ziel ist es, auf die Landkreise diejenigen zu verteilen, bei denen klar ist, dass sie eine Bleibeperspektive haben. Es handelt sich also um Menschen, bei denen davon auszugehen ist, dass sie mindestens eine Duldung bekommen. Sie werden somit auf absehbare Zeit hier leben. Damit geht es aus unserer Sicht darum, für diese Menschen einen Alltag zu organisieren, der Integration möglich macht und sie in die Lage versetzt, Teil unserer Gesellschaft zu werden. Auch für diesen Ansatz halten wir die langfristige Unterbringung in einer Traglufthalle für absolut ungeeignet.

War bzw. ist die Traglufthalle alternativlos? Nein, definitiv nicht. In Zehdenick, wo die Halle aufgestellt werden soll, gibt es mit der ehemaligen Exin-Förderschule ein leerstehendes, bereits modernisiertes Gebäude. Dieses kann problemlos zur Unterbringung hergerichtet werden. Zuletzt hat der Landrat nach der gescheiterten Abstimmung per Pressemitteilung noch einmal erklärt, dass der Landkreis dieses Gebäude ebenfalls als Alternative ansieht. Allein es fehlt in der Zehdenicker Lokalpolitik der Wille den Weg frei zu machen. Da das Grundstück im Eigentum der Stadt Zehdenick ist und hier eine Veränderungssperre die Nutzung verhindert, könnte die Stadtverordnetenversammlung aktiv werden. Aber die Verantwortung möge doch bitte beim Kreis bleiben und eine Unterkunft in einem Wohngebiet, schon gar neben einem Kindergarten, sei nicht gewollt.

Könnten wir einen Antrag stellen, der zumindest die Art und Weise der Unterbringung der Migrant*innen auch in einer solchen Halle verbessert? Auch hier sehen wir derzeit keine Möglichkeit. Mal abgesehen von den politischen Mehrheiten, die ja auch hier im Landkreis derzeit eher auf die Aushöhlung des Asylrechts hinarbeitet, haben wir einen solchen Antrag ja bereits 2020 gestellt. Wir hatten beantragt, dass neue Gemeinschaftsunterkünfte nur noch als Wohnungsverbunde errichtet werden. Der Antrag wurde angenommen und sollte also derzeit gelten. Der Landrat hat aber erklärt, er hätte hierzu eine andere Rechtsauffassung. Wir hätten einen solchen Beschluss nicht fassen dürfen, daher sehe er sich nicht daran gebunden. Die von uns angerufene Kommunalaufsicht hat uns zwar Recht gegeben, aber auch diese wird vom Landrat ignoriert. Er beruft sich darauf, dass die Unterbringung von Migrant*innen Dienst nach Weisung sei und wir also kein Mitspracherecht hätten. Dass wir derzeit doch darüber diskutieren, liegt einzig und allein daran, dass die Summe für den Kauf der Traglufthalle nicht durch den Haushalt gedeckt ist. Somit muss der Kreistag über diese Summe separat entscheiden.

Und was folgt nun? Am 11. Oktober findet ein außerplanmäßiger Kreistag statt. Die CDU hat den Antrag gestellt, dass Turnhallen generell von der Nutzung für die Unterbringung von Migrant:innen (auch als Notunterkunft) ausgeschlossen werden sollen. Und der Landrat hat seine Vorlage zum Kauf der Traglufthalle noch einmal eingebracht. Es ist davon auszugehen, dass sich für beide Anträge am Ende eine Mehrheit findet. Bisher ist unsere Fraktion sich einig, dass wir mindestens die Traglufthalle als reguläre Gemeinschaftsunterkunft ablehnen werden. Wir arbeiten aktuell an einem Antrag, mit dem wir ein reguläres Bauprogramm für Gemeinschaftsunterkünfte auf den Weg bringen wollen. Wir brauchen sowohl kurzfristige Möglichkeiten, hier wären auch Traglufthallen denkbar, als auch mittel- und langfristige Perspektiven, die für uns aus nachnutzungsfähigen Wohnungsverbunden bestehen sollten. Immer nur auf Sicht zu fahren, ist keine Lösung!

Susanne Mosch und Reiner Merker

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Flüchtlinge | Kreistagsfraktion | Oberhavel

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