Hohen Neuendorf: Weniger Lärm, mehr Sicherheit – doch bei Tempo 30 hört der Spaß auf …!?

Kontroverse Diskussion um zwei Grüne Anträge Die Grünen setzen sich mit ihrer Forderung nach Tempo-30 Zonen in den Ortszentren von Borgsdorf und Hohen Neuendorf für mehr Lärmschutz und mehr Sicherheit für Radfahrende ein. Während der Doppelausschuss Bauen/ Stadtentwicklung vom 11.4.2019 die Forderung für die Schönfließer Straße in Hohen Neuendorf befürwortete, lehnte der Stadtentwicklungsausschuss vom 2.4.2019 Tempo 30 für Borgsdorf mit knapper Mehrheit ab. Bündnis 90/ DIE GRÜNEN wollen nun bis zur SVV für die im Verkehrsentwicklungsplan vorgeschlagene Maßnahme in Borgsdorf werben und Mehrheiten organisieren.

17.04.19 –

Zwei Anträge und die Hintergründe

Eine hitzige Debatte in den Fachausschüssen Hohen Neuendorfs vom 2.4. (Stadtentwicklung/ Umwelt) und 11.4. (gemeinsame Sitzung Stadtentwicklung/ Umwelt und Bauen/ Ordnung/ Sicherheit) lösten zwei Anträge der Bündnisgrünen aus, die Tempo 30 für Borgsdorf (Bahnhofstraße, Friedensallee, Karl-Marx- und Berliner Straße) sowie für Hohen Neuendorf, Schönfließer Straße vom Pflegeheim Amaritha bis zur Oranienburger Straße forderten.


Tempo 30 in Borgsdorf – Grüner Antrag vom Stadtentwicklungsausschuss abgelehnt!

Schon der Verkehrsentwicklungsplan von 2015 enthielt das Maßnahmenpaket Tempo 30 für Borgsdorf – dies wurde seither nicht umgesetzt. Als jüngst Bürger*innen Borgsdorfs über die unsichere Verkehrssituation im Bereich um den Bahnübergang klagten, formulierten die Grünen den Antrag, eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 zu erwirken.

Doch aus Sicht mancher bekennend autofahrenden Ausschussmitglieder stellt Sicherheit (für sie) nicht unbedingt ein Problem dar. Man sähe zwar, dass Tempo 30-Zonen, wie im Bereich der Schule oder im Abschnitt Lindenhof-Siedlung/ Berliner Straße, „wirken“ würde, „aber es bringt uns nicht weiter“, wie der Sachkundige Einwohner Dr. Frank Grußendorf (für die CDU) exemplarisch bilanzierte. Eine inhaltliche Begründung blieb er und die CDU insgesamt schuldig. Die Ablehnung des Tempo- 30- Antrags, dessen Verwurzelung im Verkehrsentwicklungsplan zu sehen ist, wäre erklärungsbedürftig gewesen! Wasch mich, aber mach mich nicht nass! Von der CDU und der SPD ist der Verkehrsentwicklungsplan mit beschlossen worden. Heute verhindern die Parteien dessen Umsetzung, denn der Antrag wurde wider Erwarten abgelehnt.

Sicherheit im Straßenverkehr bemisst sich am Empfinden der Langsameren und Schwächeren. Vielerorts gibt es keine benutzungspflichtigen Radwege, keine ausgewiesenen Querungszonen, keine verkehrsberuhigenden Einrichtungen. Die Straßenverläufe regen zu schnellem Fahren an, und dies gepaart mit hohem Kreuzungsverkehr durch Fußgänger*innen zwingt zum Handeln. Doch wo der Weg für eine sichere Mobilität frei gemacht werden soll, treten CDU und leider auch Teile der SPD und Linken in Hohen Neuendorf auf die Bremse!

Der zweite Antrag der Grünen – die Einführung von Tempo 30 in der Schönfließer Straße, Hohen Neuendorf, zwischen der Margaretenstraße und der Oranienburger Straße, wurde vom Doppelausschuss am 11.4. mehrheitlich empfohlen! Dagegen war nur die CDU.

Der Ausschussberatung war die Diskussion um die 3. Stufe des Lärmaktionsplans vorausgegangen. Der Lärmaktionsplan empfiehlt, den Handlungsspielraum der Stadt etwa durch Ausweisung von flächendeckend Tempo 30 nachts zu nutzen! Er stellt den Wirkeffekt von Geschwindigkeitsbegrenzungen auf die Lärmminderung eindeutig klar. Die Straßenabschnitte mit überhöhten Lärmbelastungen sind allesamt Straßen ohne Geschwindigkeitsbegrenzungen. Trotzdem nehmen es einzelne Ausschussmitglieder wohl als Kavaliersdelikt hin, wenn statt der erlaubten 50 auch gerne 60 oder „69“ gefahren wird (was noch mehr Lärm verursacht!). Man wähnt sich irgendwie im falschen Film, folgt man in einem Fachausschuss solchen Debatten.

Die Abordnung der Radwegebenutzungspflicht in der Schönfließer Straße (Ortstermin Bauausschuss im Januar 2019) ergab, dass für den Radverkehr nun keine sichere Regelung mehr existiert. Durch die Abordnung haben gem. §2 (5) StVO nur noch Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr die Möglichkeit, den Gehweg per Rad zu nutzen. Der Radverkehr wird ansonsten ungeregelt auf die Straßenverkehrsfläche verwiesen. „Der Abschnitt ist ein wichtiger Schulweg“, worauf Franziska Reichel als sachkundige Einwohnerin der Grünen im Stadtentwicklungsausschuss hinwies. Sie beklagte ferner die häufige Missachtung der Fußgänger- Ampelschaltung durch Autofahrer*innen. Auf der stark befahrenen Schönfließer Straße darf beidseits geparkt und Tempo 50 gefahren werden. Im Jahr 2018 waren hier 4 Verkehrsunfälle mit Radfahrer*innen zu verzeichnen (Quelle: adfc Bbg., 2019). Als sachkundiger Einwohner für die Grünen im Bauausschuss meinte auch Marian Rahn, es sei „nur eine Frage der Zeit, bis auf diesem Abschnitt etwas Schlimmeres passieren würde.“

Diese Risiken hat der Verkehrsentwicklungsplan bereits 2015 thematisiert. In den Hauptverkehrsstraßen Hohen Neuendorfs wird „die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit als mangelhaft empfunden“, wie es dort heißt (VEP, Anlage 5.3-3, Nr. 603). Zusätzliche Querungshilfen, beispielsweise im Bereich Ruhwaldstraße/ Puschkinallee/ Müllheimer Platz, trügen außerdem zur besseren Vernetzung und zugleich Temporegulierung bei. Sogar von einem Prüfauftrag für einen Shared Space, einem verkehrsberuhigten Abschnitt für alle Verkehrsteilnehmer*innen im Bahnhofsbereich, ist im Plan die Rede.

Die Schönfließer Straße ist ein Verkehrsschwerpunkt mit Verbesserungsbedarf! Zur großen Überraschung hat sich der Doppelausschuss am 11.4. doch noch für eine Tempo30-Ausweisung in der Schönfließer Straße ausgesprochen und ist damit dem Grünen Antrag gefolgt. Jetzt muss die SVV noch beschließen.

von Oliver Jirka

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