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27.08.21 –
Diskussionsrunde "Ist unsere Landwirtschaft zukunftsfähig?" am 20.08.2021 in der Mönchmühle moderiert von Carla Kniestedt
Gäste aus Landwirtschaft, Wissenschaft und Politik:
Unter der Moderation von Carla Kniestedt entstand eine rege Diskussion, die wir hier kurz zusammenfassen wollen. Die Aufzeichnung der gesamten Veranstaltung von ca. 115 Minuten haben wir zusätzlich verlinkt: https://vimeo.com/manage/videos/593207188
Welche Ausgangssituation und Probleme haben wir?
Die derzeitige Ausbildung zum Landwirt ist überwiegend konventionell geprägt. Auch ein Bildungsangebot in Bezug auf Umstellung oder zu den Grundlagen der ökologischen Landwirtschaft ist kaum vorhanden. Landwirte müssen sich dadurch dieses Wissen überwiegend selbst aneignen.
Generelles Problem in Deutschland ist die Nitratbelastung des Grundwassers. Deutschland überschreitet jedes Jahr die europäischen Grenzwerte um ein Vielfaches. Ursache ist unter anderem die Ausbringung von Gülle. Eine Ausbringung von tierischem Dünger ist für die Bodendüngung dem Kunstdünger überlegen, wobei die kostenintensivere Mistdüngung der Gülledüngung vorzuziehen wäre. Problematisch ist dabei auch die Konzentration von Tierhaltungsbetrieben in manchen Bundesländern. Eine deutschlandweite Umverteilung bezüglich der Tierhaltungsbetriebe wäre anzustreben. Aber nicht nur der Gewässerschutz muss angegangen werden.
Auch die Bodengesundheit ist ein unumgängliches Thema. Die Tatsache, dass die Böden u.a. zu sauer sind, ist untersetzt mit Bodenuntersuchungen der TU Berlin in ganz Deutschland. Derzeit ziehen viele Landwirte trotzdem aus finanziellen Gründen Kunstdünger und anschließende Maispflanzung der Gesundungskalkung vor. Mit einer Anreicherung des Bodens mit Humus, was auch zur besseren Fruchtbarkeit führt, trägt er als CO2-Speicher in großem Stil zum Klimaschutz bei.
Große Teile Ostdeutschlands haben insofern eine Sonderstellung, daß durch geschichtlich geprägte große Betriebe und Flächen kein direkter Vergleich mit südlichen und westlichen Bundesländern möglich ist. Daher ist es wichtig, regional auf diese Probleme einzugehen.
Welchen Beitrag kann und muss die Landwirtschaftsförderung in der nahen Zukunft leisten?
Der Großteil des Einkommens der Landwirte wird derzeit schon über Förderung bestritten. Eine Änderung der Förderpolitik von der flächen- hin zur umweltbezogenen Förderung ist zwingend notwendig. Das Einkommen sollte also nicht vorrangig über die Produktpreise erzielt werden, sondern über nachhaltige Leistungen der Landwirte für die Natur und Umwelt und somit unser aller Lebensgrundlage.
Die Landwirte haben deutlich differenziertere Aufgaben als reine Nahrungserzeuger zu sein und genau das sollte auch honoriert werden. Der Landschaftsschutz und Gewässerschutz muss hier hervorgehoben und die Bezahlung danach ausgerichtet werden.
Die ebenfalls anwesende Silvia Bender, Staatssekretärin des MLUK (Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt) klärte uns über die bestehende und geplante Förderung auf:
Derzeitige Agrarförderung
- Direktzahlung sind an Größe der Fläche gebunden
- 80 Prozent der Zahlungen gehen an 20 % der Betriebe, abhängig von Zahl der Arbeitskräfte
- Landpreise steigen dadurch stetig
Änderungen ab 2023
- 25 % der Direktzahlungen werden für freiwillige ökologische Leistungen gezahlt (Grünland, Randstreifen, Stilllegung von Flächen)
- Mehr Geld für ländliche Entwicklung (Öko, Tierschutz, Gehölzstreifen, Agroforst)
Brandenburg möchte damit gezielt Umweltschutz in der Landwirtschaft und Aufbau von Wertschöpfungsketten honorieren und Aneignung von Wissen unterstützen. Verarbeitungsstrukturen in Brandenburg sollen wieder aufgebaut werden, gerade in Bezug auf die Konzentration der Tierhaltungsbetriebe (Gleichzeitig mit Abbau in NRW oder Niedersachsen). Unterstützende Beratungsangebote für die Landwirte sollen ebenfalls gestärkt werden.
Ein Agrarstrukturgesetz und Leitbild wird derzeit entwickelt. Vielfalt und Regionalität der landwirtschaftlichen Betriebe sollen möglichst aufrechterhalten werden.
Muss unsere Landwirtschaft wirklich weltweit konkurrenzfähig sein? Wie können wir weiterhin vernünftige Landwirtschaft in Deutschland betreiben?
Eine Förderung durch den Staat ist weiterhin notwendig, da unsere Preise auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sind. Für den Landwirt muss es betriebswirtschaftlich interessant sein, wenn er seine Arbeit in Einklang mit der Landschafts-und Bodenpflege und dem Gewässer,- und Klimaschutz bringt und so zu nachhaltigem Umweltschutz beiträgt.
Deutschland kann und muss nicht für die Weltbevölkerung produzieren. Die Unterstützung der Menschen weltweit vor Ort, sich selbst zu versorgen, ist essentiell. Unsere Böden auszubeuten, um immer noch ein wenig mehr aus ihnen herauszuholen, ist dabei nicht zweckmäßig.
Ein Anreiz für die Landwirte, Umweltkriterien zu erfüllen, ist essentiell. Grundlegend ist ein positives Bild von unserer Landschaft, wie sie in Zukunft zwingend wieder aussehen muss, um unsere Lebensgrundlage zu sein. Ein wirkungsvolles und lobenswertes Beispiel ist die Agroforstwirtschaft.
Funktioniert das auch, um dann noch genügend Lebensmittel zu produzieren? Oder importieren wir dann hauptsächlich aus dem Ausland?
Solange wir nicht grundsätzlich das System ändern und regionale Wertschöpfungsketten aufbauen, muss der Landwirt für den Weltmarkt produzieren. Derzeit haben es Landwirte schwer, eine regionale Vermarktung ihrer Produkte aufzubauen. Die Regionalwert AG arbeitet daran, regionale Wertschöpfungsketten unter Einbeziehung der Bedürfnisse von VerbraucherInnen aufzubauen. Öffentliche Einrichtungen, Krankenhäuser, Kindergärten könnten ausnahmslos regional versorgt werden.
Eine generelle Wertschätzung für Lebensmittel muss sich im Konsum widerspiegeln. Derzeit gibt der Großteil der Bevölkerung ihr Geld lieber für Konsumgüter aus und Lebensmittel müssen dafür billig sein. Frankreich ist ein z.B. ein positives Beispiel dafür, dass das auch anders sein kann.
Eine Agrarwende wird nur mit einer Ernährungswende funktionieren. Es kann nicht zukunftsfähig sein, Futter aus Übersee zu importieren, an unsere Schweine zu verfüttern, die dann wieder nach Übersee exportiert werden.
Was ist Solidarische Landwirtschaft?
SoLaWis sind Teil der deutschen Landwirtschaft und arbeiten meistens nur in kleinen Strukturen. Im Vordergrund steht die soziale Herangehensweise. Es gibt derzeit ca. 300 Betriebe in Deutschland, die in einem SolaWi-Netzwerk alle organisiert sind. In der Regel wird Gemüse angebaut, um regionale Haushalte damit zu versorgen. Meistens in Form von regelmäßigen und jahreszeitlich abwechselnden Gemüsekisten. Oft kann man auf den Höfen auch mitarbeiten, um sein Wissen und seine Fähigkeiten zu erweitern.
Was macht eigentlich der Verein Vielfalt für das Stolper Feld und die FrohlaWi?
Es handelt sich um einen Zusammenschluss von 2 eng kooperierenden Initiativen, die eine Solidarische Landwirtschaft aufzubauen möchten unter maximaler Förderung der ökologischen Vielfalt. Das Grundverständnis ist, mit Anwohner und Landwirten ins Gespräch zu kommen, um für Umwelt, Natur und interessierte, engagierte Anwohner einen ökologischen Mehrwert zu schaffen. Mit Wertschätzung direkt vor Ort und Schritt für Schritt mit den Landwirten gehen. Zusammenarbeit findet derzeit auch mit Felix Schneermann statt, der bei der Ausbringung der Samen und beim Pflügen unterstützt. In naher Zukunft soll er auch von den BürgerInnen der Initiative dabei unterstützt werden, unkonventionellere, zukunftsträchtigere Sorten als Feldversuch auf dem Stolper Feld anzubauen.
Unser Fazit:
Die Landwirtschaft leidet unter dem Klimawandel, den sie mit verursacht. Alternativen und Änderungen sind unabdingbar. Der Abschlussbericht Zukunftskommission Landwirtschaft zeigt auf, dass es so nicht weitergehen kann. Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir unsere Landschaft in einigen Jahren sehen wollen und wie die Förderung aussehen muss, um unser Lebensgrundlage zu erhalten und den Landwirten in diesem Sinne eine Perspektive bieten.
Das Wissen ist da, es muss nur mit Hilfe der Politik möglichst zeitnah unter Einbeziehung der Landwirte umgesetzt werden.
Vielen Dank allen Akteuren! Wir hoffen, dazu beigetragen zu haben, dass Kontakte geknüpft wurden, Ideen entstanden sind und für die Zukunft der ein oder andere Samen gestreut wurde und bald Früchte tragen werden.
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