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15.12.15 –
Am 03.12.2014 hat Jörg Ditt die Initiative WOLV gegründet. Heute, ein Jahr später, wollen wir das erste Jahr Revue passieren lassen und die Bürger von Oberkrämer sowie alle Interessierten über den aktuellen Stand informieren. Deshalb haben wir Jörg gebeten, sich noch einmal zurück zu erinnern wie alles begann, wie es ist und wie es weiter gehen wird.
Beginnen wollen wir mit einer persönlichen Stellungnahme zur Intention bei der Gründung. Das Interview führte K. Hoppmann.
Ditt: Ich bin schon viele Jahre in der Flüchtlingsarbeit aktiv und sehe es seit jeher als Selbstverständlichkeit an, dass wir - als eines der reichsten Länder der Welt - Menschen helfen, die in Not sind. Ich sehe es als unsere moralische Pflicht an, den Menschen, die zu uns kommen, Schutz und Hilfe anzubieten und unterstütze jeden Schritt, der den Flüchtlingen bei der Integration hilft. In einer erfolgreichen Integration liegt der Schlüssel zu einem gesellschaftlich friedlichen Miteinander. Integration muss jedoch gelebt werden und kann nicht „von oben" angeordnet werden. Genau das sehe ich als zentrale Aufgabe unserer Initiative. Mein Credo ist „Miteinander reden heißt: Mehr voneinander wissen".
Hoppmann:Zum Jahresende und anlässlich des 1. Geburtstags der Initiative eine erste Frage: Was habt ihr in diesem Jahr geschafft und wie lautet Dein Resümee?
Ditt: Aus anfangs 15 Interessierten sind mittlerweile mehr als 200 Aktive geworden. Dies ist eine Entwicklung, die ich nicht in meinen kühnsten Träumen erwartet hatte. Immer wieder melden sich UnterstützerInnen, die die unterschiedlichsten Spenden zur Verfügung stellen wollen. Auch stoßen immer mehr interessierte Menschen aus vielen anderen Bereichen zu uns - seien es private AktivistInnen, Kirchen, Gewerkschaften oder auch private Geschäftsleute - sie alle bilden das Rückgrat unserer Arbeit.
Hoppmann:Wie bringt ihr die ganzen Unterstützer zusammen und wie gut seid ihr dabei organisiert?
Ditt: Wir mussten aufgrund der großen Mitgliederzahl anfangen, uns intern neu zu ordnen und anders aufzustellen. Es wurden innerhalb der Initiative viele erfolgreiche Arbeitsgruppen gebildet, die eigenständig die unterschiedlichsten Bereiche abdecken. Dies beginnt bei der allgemeinen Beratung von Flüchtlingen, Begleitung zu Behördengängen, Knüpfen sozialer Kontakte, Übersetzungshilfen und - vor allem - bei moralischer Unterstützung. Durch Respekt, Aufmerksamkeit und Selbstverständnis sollen die Flüchtlinge als gleichberechtigte Mitmenschen akzeptiert und integriert werden. Diese Menschen haben viel durchgemacht – weit mehr als der überwiegende Teil von uns. Diese Erfahrung im Umgang mit den Flüchtlingen ist prägend, wirkt sich stark auf die Initiativ-Arbeit aus und motiviert uns, weiter zu machen.
Hoppmann:Kannst Du kurz einige laufende Projekte der Initiative umreißen?
Ditt: Die Unterkunft in Oberkrämer ist mittlerweile voll besetzt und die vielen Arbeitsgruppen arbeiten bereits erfolgreich an verschiedenen Projekten. So konnten bisher bei mehreren Hilfsbasaren die vielen Sachspenden, die uns vertrauensvoll aus der Bevölkerung übergeben wurden, persönlich an die bedürftigen Flüchtlinge weitergegeben werden. Ein anderes wichtiges Projekt ist das liebe Geld. Natürlich ist auch die Initiative auf finanzielle und materielle Unterstützung angewiesen. Dank dem Wirken unserer AG Geld und der großartigen Hilfe der Kirche in Leegebruch sind wir mittlerweile in der Lage, den vielen großzügigen Spendern bei Bedarf auch Spendenquittungen auszustellen. Unsere AG Geld kümmert sich zudem um Sponsoren-Akquise und spricht aktiv und aufklärend Mitbürger und Unternehmer in der näheren Umgebung an. Wir hatten z.B. einen Spenden-Stand auf dem Leegebrucher Weihnachtsmarkt, der sehr gut angenommen wurde und wo interessante und erfolgversprechende Kontakte geknüpft werden konnten.
Sehr viel konnten die vielen Aktiven auch beim Thema Deutschkurse erreichen. Unsere Sprache schnell zu erlernen, ist der zentrale Schlüssel einer erfolgreichen Integration. Die Gemeinde Oberkrämer stellt uns freundlicherweise Räume in der Remonteschule zur Verfügung. Dort können wir mit den Flüchtlingen Deutschkurse durchführen, die auch wirklich begeistert angenommen werden. Diese Kurse sollen und können nicht die der Kreisvolkshochschule ersetzen, die Intensivkurse anbietet. Aber unsere Unterstützung ebnet steinige Wege und schafft Vertrauen, fördert die soziale Integration und die Kontaktpflege.
Hoppmann:Was ist an weiteren Projekten in Planung?
Ditt: In Kürze werden wir direkt auf dem Gelände der Unterkunft einen Container für eine Fahrradwerkstatt und einen Bürocontainer aufstellen. Ein besonderer Dank gilt hier Herrn Weskamp und Herrn Rink, die ihr Versprechen eingehalten haben und sowohl den Platz bereitgestellt und befestigt, als auch den versprochenen Stromanschluss zur Verfügung gestellt haben.
Hoppmann:Kannst Du genauer darauf eingehen, wie ihr diese nutzen wollt?
Ditt: Hier wollen wir einen zentralen Anlaufpunkt errichten, um nah an den Flüchtlingen zu sein und die Kontakte weiter zu intensivieren. Die Container sollen zudem noch mit aufgesprayten Motiven verschönert werden. Das wird dann auch sogleich ein Spaß-Projekt, das wir mit Jugendlichen aus Oberkrämer und Leegebruch und jungen Menschen aus dem Heim gemeinsam durchführen wollen. Wir werden uns aber erst einmal treffen, Vorschläge diskutieren und final auch umsetzen, um dem Ganzen einen „Happening-Charakter" zu verleihen. Dieses Projekt soll im kommenden Frühjahr mit Musik und einem gemeinsamen Grillen angestoßen werden. Dank einer großzügigen Spende der IG-Metall können wir alle dafür erforderlichen Utensilien kaufen.
Hoppmann:Interessant ist natürlich auch der Punkt, wie eure Arbeit von der einheimischen Bevölkerung aufgenommen wird. Habt ihr da bereits erste Reaktionen erfahren und habt ihr vor, die „neuen" Bürger mit den „alten" Bürgern zusammen zu bringen, um gemeinsame Impulse zu schaffen?
Ditt: Dieser Punkt ist ein ganz wesentlicher Aspekt unserer Arbeit - der Kontakt zu den BürgerInnen aus Oberkrämer, Leegebruch und Velten. Auch an dieser Stelle sehen wir uns als unterstützendes Bindeglied zwischen Bevölkerung und Flüchtlingen. Geht es doch primär darum, Kontakte herzustellen, Vorurteile abzubauen und auch die Ängste der Menschen aufzunehmen. Wir sprechen mögliche Probleme ehrlich an und wiegeln nicht ab. Viele Sorgen und Unsicherheiten der Anwohner sind durchaus berechtigt und müssen angenommen und besprochen werden, denn nur wenn auch die Befindlichkeiten der Menschen aus der Umgebung respektiert werden, kann eine erfolgreiche Integration umgesetzt werden. Erfreulicherweise ist ein wirklich hoher Anteil der Menschen aus Oberkrämer, Leegebruch und Velten offen für konstruktive Argumente – und so können wir oft Fragen und vermeintliche Probleme durch Erklären der Sachverhalte relativieren, ohne dass wir etwas „kleinreden".
Für das Frühjahr 2016 haben wir zudem ein Frühlingsfest geplant. Dieses ist eine Fortführung des erfolgreichen "Fest der Begegnung", das wir im August 2015 bereits in Eichstädt veranstalten konnten. Auch an dieser Stelle möchte ich einen kurzen herzlichen Dank an die Kinder und Kulturkirche (KUKI) aussprechen, die uns dabei unterstützt hat. Diesmal wird es in einem größeren Rahmen mit Live-Musik, Info-Ständen, Verkauf von Speisen und Diskussionsrunden stattfinden. Wir wollen mit diesem Event die Menschen einander näher bringen und damit Gelegenheit schaffen, sich kennenzulernen. Nicht nur die Initiativler, die aktiv sind in der Flüchtlingsarbeit, sind wichtiger Bestandteil um Integration zu fördern, sondern auch die, die hier leben. Dies ist der einzig funktionierende Weg, um Vorurteile abzubauen oder Missverständnisse zu vermeiden. Die Vorbereitungen dazu laufen bereits auf Hochtouren und in Kürze werden wir dazu weitere Informationen geben können.
Hoppmann:Wie würdest Du die derzeitige Beziehung der AktivistInnen zu den Heimbewohnern beschreiben? Gibt es auch zwischenmenschliche oder kulturelle Probleme?
Ditt: Wir haben mittlerweile zu fast allen Menschen in der Unterkunft die vielfältigsten persönlichen Kontakte aufgebaut. Dadurch sind teilweise auch sehr emotionale Bindungen entstanden. So konnten Aktive unserer Initiative bei den ersten zwei Geburten in „unserem" Heim die Mütter beim Gang zum Krankenhaus begleiten und sogar eine Familie dabei unterstützen, eine eigene Wohnung zu finden. Wir wählen den Ausdruck „unser Heim" ganz bewusst - betrachten es aber natürlich nicht als unser Eigentum. Nur sind wir mit den Bewohnern mittlerweile so stark verbunden, dass wir gerne und oft von „unserem" Heim sprechen.
Es gibt auch Probleme - keine Frage! Spannungen treten in der beengten und lauten Umgebung auf, das ist ganz natürlich und nicht zu vermeiden. Man stelle sich vor, einen ruhigen oder gar privaten Bereich zu finden, ist schier unmöglich. Missverständnisse durch Sprachbarrieren können schnell zu ungewollten Konflikten führen. Daher sehen wir es als eine unserer wichtigsten Aufgaben an, die Menschen aus der Unterkunft herauszuholen, ihnen Abwechslung zu bieten und in unser gesellschaftliches Leben zu integrieren.
Die Initiative hält engen Kontakt mit der Verwaltung und zu den Sozialarbeitern, um geplante Aktionen abzustimmen. So treffen wir uns einmal in der Woche mit den Sozialarbeitern vor Ort, um uns gegenseitig über Pläne – aber auch über evtl. Probleme - auszutauschen.
Hoppmann:Was erwartest Du für das kommende Jahr? Hast Du bereits konkrete Zahlen zu Flüchtlingen, die noch kommen werden und gibt es „Expansionspläne" der Initiative für die geplanten Unterkünfte in Marwitz oder Velten?
Ditt: Wir blicken mit Spannung auf das Jahr 2016. Mitte 2016 werden weitere ca. 120 Flüchtlinge im Heim in Oberkrämer untergebracht. Darüber hinaus ist eine Unterkunft in Marwitz mit ca. 150 Flüchtlingen geplant. Was in Velten zu erwarten ist, ist zurzeit noch nicht klar. Auf jeden Fall ist unsere Initiative durch die gute interne Organisation gut gerüstet, um diese großen Aufgaben zu bewältigen. Das funktioniert natürlich nur, wenn wir weiterhin so viel Unterstützung aus der Bevölkerung bekommen und sich auch weiter Menschen bei uns melden, die aktiv helfen wollen. Daher meine Bitte: Sprechen Sie uns an, wenn Sie Probleme sehen – sprechen Sie uns an, wenn Sie unsicher sind - sprechen Sie uns an, wenn Sie Ideen haben, wie Sie unterstützen möchten! Jeder Einzelne ist wichtig, denn jeder hat besondere Talente, Ideen, Möglichkeiten und Fähigkeiten, die hilfreich sind.
Hoppmann:Danke Jörg, dass Du eure Arbeit, die derzeitige Situation und die Perspektiven nach einem Jahr WOLV für uns und die Bürger von Oberkrämer zusammengefasst hast und Einblicke in Eure Arbeit gewährst. Du darfst gern das Schlusswort haben.
Ditt: Mittlerweile ist es offensichtlich und auch polizeilich bestätigt, dass sich die Straftaten gegenüber Flüchtlingen in diesem Jahr nahezu verdoppelt haben. Heime brennen wieder und man fühlt sich beinah schon zurück versetzt ins Jahr 1992 nach Rostock-Lichtenhagen. Mit Sorge sehe ich, wie immer mehr gehetzt wird, Lügen verbreitet und Menschen offen angefeindet werden. Daher rufe ich zur aktiven Teilnahme an den vielfältigen Gegenveranstaltungen des Abendspaziergangs am 07.01.2016 in Velten auf!
Bitte überlegt Euch gut, mit wem Ihr unter dem Deckmantel eines „Spaziergangs" durch die Gegend lauft.
Kontakt:
WOLV-Initiative
Jörg Ditt
Grünstraße 10
16727 Oberkrämer/OT Eichstädt
0174/9568109
www.wolv.info
kontakt@wolv.info
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Ortsteil Lehnitz
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