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02.04.14 –
Mit viel Elan ist Bernd Gräber vor fünfeinhalb Jahren als erster Grüner in der Gemeindevertretung von Birkenwerder gestartet. Er hat dort einiges erreicht, doch die Euphorie von damals ist verflogen. Denn mittlerweile dominiert Streit die Arbeit des Kommunalparlaments.
Bernd Gräber lebt seit 1998 in Birkenwerder.
Du warst in den vergangenen fünfeinhalb Jahren Mitglied in der Gemeindevertretung. Warum kandidierst du nicht wieder?
Bernd Gräber: Weil mein politischer Akku leer ist. Am Anfang hat das alles sehr viel Spaß gemacht. Seit zwei Jahren herrscht in der Gemeindevertretung aber eine unangenehme Atmosphäre. Ich muss gestehen, dass mich das abstößt. Da sollen jetzt mal Leute ran, deren Akku noch bei 100 Prozent ist.
Als die Legislaturperiode im September 2008 anfing, war noch nicht abzusehen, dass die Arbeit im Gemeindeparlament so konfliktreich werden würde?
Überhaupt nicht. Für uns als Grüne war das damals eine Zeit des Aufbruchs: Ich war ja der erste Grüne in der Gemeindevertretung von Birkenwerder. Den Ortsverband hatten wir erst kurz vor der Wahl gegründet.
Und du bist gleich Fraktionsvorsitzender geworden.
Wir haben eine Dreier-Fraktion gebildet, René Vogel vom Briesetalverein, Gunda Hübschmann vom Bürgerbündnis und ich. Zu dritt haben wir eine ganz Reihe grüner Themen angeschoben. Bei mir kam noch dazu, dass ich einen riesigen Vertrauensvorschuss im Gemeindeparlament bekommen habe: Ich bin sowohl im Hauptausschuss als auch im Finanzausschuss zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden. Das war keine Selbstverständlichkeit für einen Neuling.
Ein Jahr nach der Kommunalwahl wurde ein neuer Bürgermeister gewählt. Die Grünen haben damals sogar darüber nachgedacht, eine Wahlempfehlung für den Kandidaten abzugeben, der die Unterstützung der CDU hatte.
Ich selbst war nicht dafür, weil ich dachte, dass die Grünen sich in dieser Frage nicht positionieren sollten. Aber ich habe große Hoffnungen in Norbert Hagen gesetzt.
Wurden die erfüllt?
Zunächst schon. Er hat sich darum bemüht, eine Dreier-Koalition zu schmieden zwischen der erweiterten CDU-Fraktion, deren Vorsitzender er ja bis dahin gewesen war, der SPD und uns. Im ersten Jahr konnten auch grüne Themen in dieser Konstellation sehr vernünftig besprochen werden. Wir haben die Sanierung der Schule beschlossen, einen Bürgerpark, ein Klimakonzept. Und wir haben durchgesetzt, dass die Gemeinde echten Ökostrom bezieht – das allerdings schon gegen den Willen des Bürgermeisters.
Wann fing der Streit um den Supermarkt an?
Das war ein schleichender Prozess. Im Juli 2009 hat die Gemeindevertretung die Verlagerung des Sportplatzes zur Summter Straße beschlossen. Auf unsere Initiative hin wurde damals festgelegt, dass auf dem Gelände des alten Sportplatzes der Bürgerpark entstehen soll. Von einem Supermarkt sprach zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Das kam erst zwei Jahre später, mit dem Einzelhandelskonzept. Darin wurde behauptet, dass Birkenwerder einen Vollsortimenter im Ortszentrum brauche, um den Einzelhandel zu fördern – wobei die Einzelhändler das ganz anders sehen. Von da an wurde zunehmend deutlich, dass es einen Widerspruch gab zwischen den Beschlüssen der Gemeindevertretung und den Aktivitäten des Bürgermeisters.
An dem Thema ist ja auch die Fraktion zerbrochen.
Das war im Mai 2013. René und ich haben damals gesagt, dass wir die Fraktionsgemeinschaft nicht ernsthaft beibehalten können, wenn wir bei so einem zentralen Thema nicht einer Meinung sind. Gunda hat sich dann der Fraktion um die CDU angeschlossen.
Kann es sein, dass Birkenwerder mittlerweile kaum noch über den Supermarkt, sondern viel stärker über den Bürgermeister streitet?
Ich habe noch im August 2013 zwölf Fragen an den Bürgermeister gerichtet, die aus meiner Sicht dringend beantwortet werden müssen, bevor es mit den Planungen weitergehen kann. Bis heute ist keine einzige dieser Fragen beantwortet. Ich habe auch versucht, Hagen zu einer Haushaltsbefragung zu überreden, um ein Stimmungsbild einzuholen. Diese Befragung ist über Monate immer wieder verschoben worden. Da wurde klar, dass er nicht zu dem steht, was er sagt. Und seit einem halben Jahr ist das Thema von der Agenda verschwunden. Eigentlich geht es nur noch um Hagen.
Wie fing das an?
Für mich fing es relativ spät an, ich war lange unsicher, wie ich die ganzen Vorwürfe gegen Hagen bewerten sollte. Für mich kam der Bruch mit dem ersten großen Artikel in der MAZ über die Affäre um den Verkauf des Grundstücks am Wensickendorfer Weg. Danach war mir klar, dass da einiges falsch gelaufen ist. Der Artikel erschien an einem Samstag im August 2013. Am Montag darauf tagte die Gemeindevertretung. Da wollte ich damals schon einen Untersuchungsausschuss einsetzen. SPD und CDU haben das aber abgeblockt.
Wie soll es jetzt weitergehen?
Ich finde nach wie vor, dass das Wichtigste ist, Transparenz in das Thema zu bringen. Mittlerweile sieht es da ganz gut aus, seit Ende Februar ist Bewegung in die Angelegenheit gekommen. Da kam heraus, dass die Kommunalaufsicht den Bürgermeister schon im Dezember darüber informiert hatte, dass er gegen die Kommunalverfassung verstoßen hatte. Hagen hatte der Gemeindevertretung verschwiegen, dass das Grundstück am Wensickendorfer Weg an eine Firma verkauft werden sollte, die unter anderem seinem Stiefsohn gehörte. Im März gab es daraufhin endlich eine Mehrheit für den Untersuchungsausschuss.
Sogar für einen Bürgerentscheid über die Abwahl des Bürgermeisters.
Zumindest für den Antrag dafür. Beschlossen werden muss die Durchführung des Bürgerentscheids mit Zweidrittelmehrheit, und bislang sehe ich nicht, dass die zusammenkommt. Aber dann gibt es noch die Möglichkeit, einen Bürgerentscheid über ein Bürgerbegehren durchzusetzen.
Kannst du dir vorstellen, dass Hagen dem zuvorkommt und zurücktritt?
Das kann ich mir gut vorstellen. Zum einen hat Hagen derzeit keine Mehrheit in der Gemeindevertretung, und daran wird sich nach der Wahl voraussichtlich nichts ändern. Zweitens ist die Verwaltung derzeit nur noch eingeschränkt arbeitsfähig, was nach meiner Einschätzung auch eine Folge der politischen Krise ist. Das Dritte ist der Untersuchungsausschuss. Da könnten Dinge besprochen werden, die den Bürgermeister nicht gut aussehen lassen. Und schließlich sollen demnächst ja die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Hagen abgeschlossen werden. Wenn man das alles bedenkt, dann wäre ein Rücktritt sicher die beste Lösung, nicht nur für Birkenwerder, auch für Hagen. Denn die ganze Situation ist ja auch für ihn im höchsten Maße unangenehm.
Du scheinst nicht bereit zu sein, Hagen aus voller Inbrunst anzuklagen.
Ich finde, er hat sehr viele Fehler gemacht. Aber mir ist es wichtig, ihn nicht als Menschen zu verurteilen. Wir sind hier Nachbarn, wir leben zusammen in Birkenwerder. Das sollte man bei allem Streit nicht vergessen.
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