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24.11.20 –
Liebe Bündnisgrüne@Oberhavel,
Bündnis 90/Die Grünen hat ein neues Grundsatzprogramm und ein neues Vielfaltstatut. Das wisst ihr sicherlich schon. Als Delegierte unseres Kreisverbandes habe ich die drei Tage am Laptop geklebt und zig Änderungsanträge mitbeschlossen oder -verworfen. Danke für euer Vertrauen! Viele Entscheidungen fielen mir leicht, oft habe ich überlegt, wie würden die Bündnisgrünen@Oberhavel entscheiden? Von einigen Beispielen will ich berichten.
Ein inhaltlicher Höhepunkt war sicherlich die Debatte um den Volksentscheid auf Bundesebene. Der Antrag unseres Oberhaveler Mitglieds Lukas Beckmann, inhaltsgleich mit jenem, den wir auf unserer Kreismitgliederversammlung im September beschlossen haben, verlor knapp (344 Stimmen, der BuVo-Antrag erhielt 382 Stimmen): Bundesweite Volksabstimmungen werden somit in unserem Programm nicht erwähnt. Das ist aus meiner Sicht ein herber Rückschlag für die Direkte Demokratie und ein Bruch mit der Tradition von Bündnis 90. Ich hätte mir hier mehr Mut gewünscht.
Die Delegierten beschlossen außerdem, sich klarer zu dem 1,5 Grad-Ziel des Paris-Abkommens zu bekennen. Dieser Kompromiss wurde vor den Abstimmungen erreicht, dazu gab es keine Kampfabstimmung. Gentechnik in der Landwirtschaft wird „skeptisch gesehen“, aber nicht kategorisch abgelehnt, die Freiheit der Forschung soll gewährleistet sein. Auch hierüber werden viele von euch enttäuscht sein. Gegen den Bundesvorstand wurden insgesamt nur wenige Anträge beschlossen, in den meisten Fällen vermittelte die Antragskommission, so dass sich Bundesvorstand und Antragsteller_innen schon vorher einigten. Die Mehrheit der Delegierten entschied sich – gegen den BuVo - für Kita-Beitragsfreiheit und für eine Bildungsfinanzierung, die eltern-, alters- und leistungsunabhängig ist (beides habe ich auch befürwortet) sowie für einen kritischeren Passus zur Polizei. Spannend war die Debatte um das Grundeinkommen, beschlossen wurde auch hier der Kompromiss: Garantiesicherung als Brücke zum Grundeinkommen. Damit steht der Begriff Grundeinkommen im Grundsatzprogramm, ein Teilerfolg der Befürworter_innen. Hier war ich der Meinung, dass Garantiesicherung einfach nicht dasselbe ist wie ein bedingungsloses Grundeinkommen und auch nicht werden kann. Entweder wir springen aus dem bisherigen System – oder wir bleiben seiner Logik verhaftet. Aber da war ich in der Minderheit. Außerdem entschieden die Delegierten, dass die Solidargemeinschaft nur Leistungen im Gesundheitsbereich übernehmen soll, deren Wirksamkeit wissenschaftlich wirksam erwiesen ist (Homöopathie-Debatte). Unsere anderen beiden Änderungsanträge (KMV September 2020) sind übrigens ohne Abstimmungen übernommen worden („soziale Verantwortung“ als Bildungsziel und Unterscheidung von „Rolle“ und „Geschlecht“).
Und was macht es mit unserer Parteiendemokratie, wenn sich die mehr als 800 Delegierten ihre Stimmen vor ihrem Rechner zuhause abgeben und Applaus aus dem Klicken eines Sonnenblumen-Buttons besteht? Einerseits und andererseits. Die Konzentration auf die Themen war hoch, bei den Abstimmungen beteiligten sich mehr Delegierte als auf Parteitagen im echten Leben. Denn die Zwischengespräche fielen ja weg. Und das war eben auch der große Verlust. Die Parteitagregie hatte sich einiges einfallen zu lassen, um alle bei Laune zu halten, Videos, Zwischenmusik, online-Konzert statt Party. Aber es wurde uns allen schmerzlich bewusst, was die Pandemie vermissen lässt: Kontakt, Spontanität und Nähe.
War noch was? Die politischen Reden von Annalena, Robert und Winfried. Sie alle drei läuteten das kommende Jahr ein, in dem, so Robert, wir „über uns hinauswachsen“ müssen. Alle drei beschworen den Mut zur Veränderung und den Mut, Bündnisse zu schmieden. Denn, so der rote Faden: Veränderung schafft Halt. Na, dann mal los.
Herzliche Grüße, ich freue mich über Fragen, Entgegnungen, Anmerkungen,
Ingrid Hüchtker
Co-Sprecherin Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen
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